Deutscher Drechslertag 2018 in Oberwolfach
Drechslermarathon im Schwarzwald
Erstmalig und einmalig trafen sich Ende Februar die Mitglieder des Deutschen Bundesverbandes der Drechsler mit den Europadrechslern in Oberwolfach im Schwarzwald zum 139. Deutschen Drechslertag.
„Wir freuen uns sehr, dass viele Mitglieder des Bundesverbandes, diese einmalige Gelegenheit nutzen, sich mit Kollegen aus dem europäischen Ausland zu vernetzen und auszutauschen“, stellte Bundesinnungsmeister Walter Hoppe bei der Tagung fest und präzisierte „diese Tagung ist eine einzigartige Gelegenheit, Synergien zu nutzen und gegenseitige Ressentiments abzubauen.“
Internationale Referenten und Publikum
Vier Tage im Zeichen des Zirkels verbrachten die Drechsler in dem Luftkurort am Unterlauf der Wolf, einem Nebenfluss der Kinzig. Zuerst, um unter Leitung von Geschäftsführer Thomas Mörtel aus Fürth die Regularien des Bundesverbandstagung abzuarbeiten: bei den anstehenden Vorstandswahlen wurden Bundesinnungsmeister Walter Hoppe und sein Stellvertreter Wolfgang Miller in ihren Ämtern bestätigt, neu wurde Konstantin Kempe ins Amt des Presseverantwortlichen gewählt.
Für die danach anstehenden drei Tage hatte Kurt Knauber, stellvertretender Landesinnungsmeister der Drechsler-Innung Baden-Württemberg ein „locker gestaltetes Programm“ ausgearbeitet, bei dem auch der gegenseitige Austausch nicht zu kurz kam. Unter der fachkundigen Moderation von Markus Günther, Landesinnungsmeister der Drechsler-Innung Baden-Württemberg, wechselten sich Referate zu Fachthemen (Sicherheit an der Drehbank mit Karina Ihlenburg, Objektfotografie mit Stephan Hund oder Gedächtnistraining mit Roland Geisselhart) mit Werkstattbesichtigungen (Drechslerei Ramsteiner) oder Ausflügen in die Umgebung (Nationalpark Schwarzwald) ab. Außerdem konnten die Mitgliedsbetriebe des Eurosymposiums ihre Produkte in einer Verkaufsausstellung präsentieren.
Hans Weißflog – lebende Legende
Vortrag und Vorführung von Gaststar Hans Weißflog waren ein Höhepunkt des Drechslertreffens. Der aus Hildesheim stammende Ausnahmedrechsler ist längst über die Landesgrenzen hinweg berühmt und hat besonders in die USA viele Sammlerkontakte. Spezialisiert hat er sich auf die Herstellung von kleinen Dosen, die er in schier unendlich scheinenden Holz- und Technikkombinationen weltweit vertreibt. Dabei haben die Dosen meist nur einen Durchmesser von maximal sechs Zentimetern „wenn sie zu groß werden, dann kauft sie keiner“, erklärte Weißflog die Miniaturmaße seiner Dosen.
Doch auch er hat mit vielen negativen Entwicklungen zu kämpfen. So beklagte er die mittlerweile sehr scharfen Ausfuhrbedingungen für exotische Hölzer, die ihm das Leben ebenso schwer machen wie die Tatsache, dass die Sammlerleidenschaft auch in den USA immer mehr nachlässt. „Seit 9/11 halten die Leute ihr Geld zusammen“, berichtete Weißflog aus der Praxis „und leider haben auch viele Galerien, mit denen ich zusammengearbeitet habe, mittlerweile aufgegeben.“
Umso gespannter verfolgten die Teilnehmer am Nachmittag die Entstehung einer seiner Miniaturdosen live in der eigens im Keller des Tagungshotels eingerichteten Werkstatt. Als Technik wählte der Meister das „Durchbrochene Drehen“, wie er es in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Nürnberg bei einer Saueracker-Ausstellung gesehen und von dort an stetig weiter entwickelt hat.
In seiner mit typisch westfälischem Humor gewürzten Präsentation gab er nebenbei immer wieder Tipps, von der Auswahl der Drehzahl bis hin zur Körnung des Schleifpapiers, die von den Zuhörern begierig aufgenommen wurden.
Lehrlingsfonds eingerichtet
Klagen andere Berufe über den fehlenden Nachwuchs, so hat das Drechsler-Handwerk die zusätzliche Sorge, die wenigen interessierten jungen Menschen in den Betrieben unterzubringen. Und so schaut man doch ein bisschen neidisch über die Grenze in die Schweiz. Dort wurde per Gesetz eine „Ausbildungsabgabe“ auf den Weg gebracht, die so mancher Drechslerfunktionär sich auch für die hiesige Situation wünschen würde.
Wieso die deutschen Betriebe sich mit der Ausbildung so schwer tun, können sich Hoppe und Miller nicht erklären. „Lehrlinge im Betrieb sind immer eine große Bereicherung“, so die Meinung von Wolfgang Miller, dem stellvertretenden Bundesinnungsmeister, der auch in Bad Kissingen an der Berufsschule unterrichtet und ergänzt „man kann sich sogar überlegen, sich einen Lehrling mit einem zweiten Betrieb zu teilen, falls einem die Herausforderungen zu groß erscheinen.“
Besonders stolz ist man beim Bundesverband, nun einen Lehrlingsfonds eingerichtet zu haben, mit dessen Geld die Lehrlingsfortbildung im Gewerk gefördert werden soll. „Es freut uns sehr“, so Bundesinnungsmeister Hoppe, „dass wir mit der Firma Maderas-Drechsel-Technik einen Sponsoren gewinnen konnten, der den Fonds zusätzlich finanziell unterstützen wird.“ Und so können künftig alle interessierten Drechsler-Lehrlinge beim Bundesverband Zuschüsse zu ihrer Fortbildung zum Beispiel für Fahrt- oder Unterbringungskosten beantragen.
Fazit
Am Ende der Veranstaltung zeigten sich die Organisatoren und Verantwortlich sehr zufrieden mit dem Verlauf des Drechslertreffens. Fast 70 Drechsler aus Deutschland, Schweiz und Österreich hatten sich angemeldet und auch regional fanden zirka 100 Besucher den Weg nach Oberwolfach, um die Ausstellung zu besichtigen und an den Vorführungen teilzunehmen. „Die neuen Kontakte können nun für intensive Zusammenarbeit genutzt werden“, resumierte der Landesinnungsmeister der Drechsler-Innung Baden-Württemberg Markus Günther, „außerdem freut es mich sehr, dass wir unsere Lehrlinge und Junggesellen stark einbinden und deren Austausch auch über Landesgrenzen hinweg fördern konnten.“